„Mutterglück“
Hündin und Welpen
Bei einer Ausstellung im Pariser Salon von 1753 erregte ein Bild besonderes Aufsehen. Es war dies ein Alterswerk des betagten Hofmalers Jean-Baptiste Oudry (1686 – 1755) mit dem Titel „Hündin, die ihre Jungen säugt. Diese Gruppe wird von der Sonne beschienen“. Von der Kritik wurde das Werk als bestes Bild der Ausstellung gepriesen. Das Besondere an diesem Bild war, dass erstmals in der abendländischen Kunst von einem der bedeutendsten Maler seiner Zeit eine säugende Hündin mit ihren Welpen dargestellt wurde. Stillen galt als nicht vornehm und war bei Frauen der höheren Schichten bis ins 18. Jahrhundert verpönt, diese Aufgabe hatten Ammen zu erfüllen. Nur Frauen des einfachen Volkes stillten ihre Kinder selbst.
Das Interesse an der Aufzucht junger Hunde durch die Mutterhündin findet man schon vereinzelt bei antiken Autoren. Man wollte aus dem Verhalten der Mutterhündin gegenüber ihren Welpen auch erkennen, welche einmal besonders gute Hunde würden. Conrad Gessner (1516 – 1565) beschreibt in seinem „Thierbuch“ (1669/70 ins Deutsche übersetzt) im Kapitel „Von den Hunden“ eine Reihe von Beobachtungen und Maßnahmen zur Auswahl viel versprechender Welpen. Im Vertrauen auf den untrüglichen Instinkt der Mutterhündin empfiehlt er folgende Vorgangsweise: „Man macht einen zimblichen weiten Ring mit kleinem dürren Holz / legt die Jungen mitten darein / zündet das Holz an / und läßt dann die Hündin lauffen / so trägt sie den edelsten und besten zum ersten / den Geringsten aber zuletzt auß dem Feuer.“
Die Fürsorge und die aufopfernde Pflege der Jungen durch die Mutterhündin haben schon immer eine gewisse Faszination ausgeübt. Mitunter wurden auch recht eigenartig anmutende Geschichten erzählt. Ludwig Beckmann (1822 – 1902) schildert in seinem 1894 erschienen Standardwerk „Rassen des Hundes“ eine Beobachtung an einer Bullterrier-Hündin. Diese war „unrein belegt“ worden und brachte fünf Junge zur Welt. Zuerst wurden zwei Welpen beseitigt. „Die Hündin nahm wenig Notiz von der verminderten Zahl ihrer Jungen, als aber am nächste Abend zur selben Zeit – als die Hündin im Garten zu promenieren pflegte – wieder zwei derselben verschwanden, durchsuchte sie unruhig das ganze Haus. Es war von den fünf Jungen nur noch eins übrig. Als die Hündin am folgenden Abend zur selben Stunde im Garten Einlaß begehrte, sah man, daß sie einen weißen Gegenstand im Fange trug und denselben in einer entfernten Ecke unter einem Busche sorgfältig versteckte. Als sie später hereingerufen wurde, eilte sie zu dem Versteck, holte dort ihren letzten lebenden Sprößling hervor und trug ihn behutsam wieder in das leere Körbchen im oberen Stockwerk des Hauses.“
In der Sammlung Dr. Fleig gibt es einige sehr bemerkenswerte Arbeiten zu diesem Thema. Auffallend ist die Haltung der Hündinnen. Aufmerksam mustern sie die Umgebung, als wollten sie ungebetene Besucher warnen, ihren Jungen zu nahe zu kommen. Die erhöhte Wachsamkeit und die Verteidigungsbereitschaft der Hündin in den ersten Lebenswochen ihrer Jungen haben ihr stets Bewunderung und Respekt eingebracht. Sicher auch mit ein Grund, warum dieses Thema in der Literatur und in der bildenden Kunst so reichen Niederschlag gefunden hat.